Hohe Preise, schmale Programmvielfalt und lästiges Brillentragen Gründe für das bisherige Scheitern
Mit einem aktuellen Marktanteil von rund fünf Prozent stellen 3D-TV-Geräte nach wie vor nicht den erhofften Erfolg dar und es wird weiterhin an der Zukunft dieses Formats gezweifelt. Welche Technologien werden zurzeit verwendet, was sind die Probleme mit denen die Hersteller zu kämpfen haben und was für eine Entwicklung ist zu erwarten?Foto: EPA/Wolfgang Kumm
3D-Fernsehen mit und ohne Brille
Mit ein Grund dafür, dass das Interesse an 3D-Fernsehern nach wie vor verhalten ist, ist die Notwendigkeit eine Brille tragen zu müssen. Wer sich heute für den Kauf eines 3D-TVs entscheidet, greift nicht nur für den Bildschirm selbst tiefer in die Tasche, sondern gibt im Schnitt rund 100 Euro für eine brauchbare Shutter-Brille aus. Was im Kino vielleicht noch ein Erlebnis darstellt, wird im heimischen Wohnzimmer als unangenehm empfunden.
Die Hersteller optimieren daher ihre Technologien, die 3D-TV ohne Hilfsmittel wie Brillen ermöglichen. Autostereoskopische Displays werden mit speziellen optischen Folien beschichtet, die für das linke und rechte Auge zwei verschiedene Bilder erzeugen. Bei vorgestellten Ablegern dieser Art wird bemängelt, dass eine starre Position vor dem Bildschirm eingenommen werden muss da die Sicht sonst verschwimmt. Den ersten Tests nach zu urteilen ist der dreidimensionale Effekt im Vergleich zu dem eines Fernsehers mit zusätzlicher Shutter-Brille außerdem als geringer einzustufen. Die Preise für Geräte, die über die genannte Technik verfügen heben sich darüber hinaus deutlich vom Kostenrahmen typischer Heimkinosysteme ab. Dies liegt vor allem daran, dass die Fernseher, die für mehrere Seher geeignet sind, für die Wiedergabe von Inhalten mit Full HD-Auflösung (Blu-ray) ungleich mehr Pixel darstellen müssen, um ein gleich scharfes Bild ausgeben zu können.
Fortschritt
Das auf der diesjährigen Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin vorgestellte, brillenlose 3D-TV-Gerät 55ZL2G aus dem Hause Toshiba ist imstande eine vierfache Full-HD-Auflösung darzustellen. Über eine Gesichtserkennung erfasst der Fernseher bis zu fünf Zuschauer und passt die Ausgabe entsprechend für neun Sehpositionen an. Technikbedingt wird das zu sehende Bild für den Einzelnen auf 720p runtergeschraubt, was leider auch deutlich sichtbar ist. Ruckler sowie unruhige Bewegungen zählen darüber hinaus zu bestehenden Problemen, die das Gesamtbild trüben.
Der Hersteller bewirbt gesondert die Rechenleistung seines 3D-Wunders, welche mit der "Cevo-Engine" auch für die automatische Kalibrierung des Bildschirms auf die von Regisseuren vorgegebenen Farb- und Grauwerte eines Films eingesetzt wird. Die genannten Besonderheiten schaffen den stolzen Preis von 8.000 Euro, also mehr als das Vierfache, was man für aktuelle LED-Fernseher mit derselben Bildschirmdiagonale hinblättern muss.
Ein Blick über den Tellerrand
Während der große Teil des Smartphonemarkts seine Kriege über Design, Betriebssystem, Auflösung, und Kamera austrägt, gibt es auch in diesem Bereich Hersteller, die mit 3D als Verkaufsargument punkten möchten. Erste konkrete Versuche wie beispielsweise das LG Optimus 3D stellen aber noch keine Bedrohung für die Big Player Samsung, Apple oder HTC dar - siehe WebStandard-Test.
Als 3D-Fernseher „zum Aufsetzen" präsentiert sich Sonys HMZ-T1 Personal 3D Viewer wiederum als ein Produkt, das erst gar nicht versucht die Masse anzusprechen. Die simulierte 3D-Kinoleinwand ist zwar ein noch unausgereiftes Gadget, erzielt aber - abhängig vom Quellformat - ein gutes Bild und lässt auf Weiterentwicklung sowie Nachfolger hoffen - siehe WebStandard-Test.
Spätestens seit Nintendo damit angefangen hat, gezielt darauf hinzuweisen, dass der jüngste Ableger ihres mobilen Spielgeräts - der 3DS - „auch" mit 2D-Grafik spielbar ist und man damit das Killerfeature des Geräts in den Hintergrund rückt, ist festzustellen, dass ein Umdenken in der Marketingausrichtung stattgefunden hat. Der japanische Spieleentwickler bietet hierzulande seit Ende Februar seinen 3D-Handheld an. Was sich am Anfang gut vermarkten lies, stellte sich schnell als nur bedingt nachhaltig heraus. Zwar kommt man hier ohne Brille zum gewünschten 3D-Effekt, aber weder blieb die Nachfrage danach konstant, noch ist bis dato die notwendige Vielfalt an Spielen gegeben, die wirklich davon profitieren. Ein Zustand, mit dem auch die TV-Sparte zu kämpfen hat.
Zu wenig Inhalte
Das Angebot an Filmen und Spielen, die ein 3D-Erlebnis auf die heimischen Bildschirme zaubert ist noch gering. Selbst im Pay-TV ist die dritte Dimension alles andere als angekommen, was die Anzahl an Kunden, die bereit sind monatlich für die kleine Auswahl an 3D-Sportübertragungen und -Filmen zu zahlen, gering hält.
Die Liste der Spielfilme, Dokumentationen oder auch Games, die in erster Linie für eine 3D-Kundschaft produziert wurden und werden ist kurz - die der namhaften Blockbuster sogar noch kürzer. Nur wenige Entwickler nutzen derzeit die Möglichkeiten, welche die 3D-Optik bietet wirklich sinnvoll. In den meisten Spielen wirkt der räumliche Effekt unspektakulär und aufgesetzt.
Smart-TV am Vormarsch
Während 3D zum jetzigen Zeitpunkt nicht groß gefragt ist und es dauern wird bis der Massenmarkt sich das Brillenlose Kinovergnügen leisten kann, rückt die Verschmelzung zwischen Fernsehen und Internet immer näher. Google TV und vergleichbare andere Produkte bieten mit Applikationen und Netzzugang direkt über den Fernseher nicht nur neue Nutzugsmöglichkeiten sondern schlichtweg mehr Inhalte, die von der Couch aus zugänglich gemacht werden. Das Interesse an diesen Funktionalitäten ist größer und ein Anstieg der Angebote erscheint greifbarer. Auch die meisten Hersteller haben diesen Trend erkannt, was den Fokus spürbar weg von 3D und hin zu Smart-TV bewegt.
Flop?
Damit 3D mittelfristig den Ruf des gefloppten Gimmicks verliert und wirklich noch Fuß in den heimischen Wohnzimmern fassen kann, müssen sowohl Funktionen als auch Preis der Technik eine Entwicklung durchleben. Aber selbst dann, wird sich der schlussendliche Erfolg nur über die gebotenen Inhalte definieren.
Quelle & Bild:
http://derstandard.at/ (Martin Pauer, derStandard.at, 15.01.2011)
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